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Schon 1937 wußte Dante Giacosa, daß die Entwicklung leichter und wirtschaftlicher Personenwagen die Abschaffung des Chassis erforderte. Der Opel Olympia, der erste Großserienwagen mit selbsttragender Karosserie in Europa beeindruckte ihn.
1939 entstand der erste Fiat mit selbstragender Karrosserie, der Fiat 700. Er war bereits serienreif entwickelt, aber der Kriegseintritt Italiens und vor allem das Veto der Direktion verhinderte den Bau. Die Fiat-Verantwortlichen (vor allem Agnelli) hatten zwar der Entwicklung zugesehen, aber als es ernst wurde und die Fertigungseinrichtungen angeschafft werden sollten, verließ sie der Mut. Solche Experimente (ein Auto ohne Chassis !) kamen nicht in Frage!
Giacosa ließ sich nicht irritiren, er entwickelte 1939/40 den Fiat 1300/1900 als Nachfolger des Fiat 1500 wiederum mit selbstragender Karosserie.
Ein Prototyp des 1900 wurde gebaut und 1941 Agnelli vorgestellt.
Stillschweigend bekam Giacosa mit einem Lächeln das Einverständnis
für die Weiterentwicklung, die aber durch den Krieg gebremst
wurde.
- der erste Fiat mit selbsttragender Karosserie
Entwurf des Motors für den Fiat 1300/1900 - 1940
1945 wurde die begonnene Arbeit fortgesetzt.
Als 1946 beschlossen wurde, unter dem Namen Typ 101 den Nachfolger von Fiat 1100 und Fiat 1500 zu kreieren, wurde auf der Basis des Vorarbeiten weiter gearbeitet.
Die neuen Eckdaten waren: nicht länger als der Fiat 1100, aber breiter als
der Fiat 1500, ca. 780 kg schwer, also leichter als der Fiat 1100,
der Motor sollte mit 1,3 ltr Hubraum 36 PS leisten.
(Der Typ 103, der spätere, wirkliche Nachfolger des Fiat 1100,
sollte ursprünglich zusammen mit dem nie realisierten Typ
102 zwischen dem Typ 100 (Nachfolger Topolino) und dem Typ 101 angesiedelt
sein).
Fiat 1300 - Typ 101 E1 - im Oktober 1946
Kaum war der Prototyp des Typ 101 (E1) fertig, wurde die Realisierung auf dieser Basis von der Direktion verworfen. Es sollte ein größeres Auto werden. Ein bequemer 5-Sitzer.
Der nächste Entwurf, der Typ 101 E2 wurde schwerer, benötigte daher einen stärkeren Motor, und er wurde rundum teurer. Giacosa war mit dieser Entscheidung gar nicht einverstanden. Das war kein 1100er - Nachfolger mehr, den Fiat eigentlich dringend brauchte, das würde eine Auto der oberen Klasse werden.
Für den Motor des Typs 101 E2 wurde auf Basis des standfesten Aluminium-Motors des 101 E1 ein größerer Hubraum mit quadratischem Bohrung/Hub (1:1) Verhältnis festgelegt und eine neue Hinterachse entworfen, ähnlich der Cisitalia-Konstruktion Giacosas mit Schraubenfedern und Viertelelliptik-Blattfedern als elastische Zugstreben.
Doch auch dieser Entwurf wanderte (bis auf die Hinterachs-Konstruktion) zu den Akten.
Nach der Amerika-Reise Giacosas und anderer Fiat-Direktoren entstanden neue Sichtweisen. Größtmögliche Geräuscharmut sowie elegante, moderne äußere Form und komfortables Fahrverhalten waren die neuen Prioritäten. Dieser neue Fiat mußte den amerikanischen Geschäftsfreunden (und den finanzierenden Banken) imponieren.
Aus (Kfz-)Steuergründen wurde für die Basisversion ein Hubraum von maximal 1300 ccm verlangt, für die Luxusversion sollte es ein mit 6-Zylindermotor mit möglichst mehr als 2ltr. Hubraum sein.
Der Motor wurde also neu entworfen, diesmal ein Kurzhuber mit guten Möglichkeiten zur zukünftigen Erhöhung der Verdichtung, wenn bessere Brennstoffe verfügbar wären, der Zylinderblock aus Kosten- und Geräuschgründen aus Grauguß statt Alumium. Das Fahrwerk wurde prinzipiell beibehalten, die Karosserie wurde jedoch nochmals länger, breiter, schwerer und - die äußere Form änderte sich völlig.
Der 101 E3 hatte eine elegante supermoderne
Ponton-Karosserie, (an der die erfahrene US-Firma Budd fertigungstechnisch
beratend beteilgt war).
Die Raumausnutzung war beachtlich. Bei einem Vergleich mit US-Fahrzeugen
ergab sich gleiche Innenraumgröße bei wesentlich kleineren
Außenmaßen und ca. 400kg weniger Gewicht. - Aber das
Fahrzeug war für den Motor einfach zu schwer! Giacosa forderte,
mindestens einen 1,6 ltr.-Motor zu genehmigen.
Nach langen Querelen zwischen Technikern, Kaufleuten und Verkaufsstrategen
kam es zu dem Kompromiß von 1400 ccm für das Basisfahrzeug.
So begann Ende 1949 die Serienfertigung des 101 E3 und 1950 bei der offiziellen Vorstellung waren bereits überall Vorführ- und Ausstellungswagen zu bewundern:
Motor aus Leichtmetall mit nassen Laufbuchsen, im Wesentlichen bereits der Serien-Motor des 101 E3 /Fiat 1400, der allerdings den Block aus Grauguß bekam.
Die geplante Luxusversion mit 2 ltr oder mehr Hubraum brauchte bis zur Vorstellung noch längere Zeit. Ein Reihen-6-Zylinder war zu lang, ein schmaler V6 (damals noch) zu schlecht auszugleichen und ein (normaler 90°) V8 war zu breit. Der als schmale V8-Alternative schon 1950 am Prüstand laufende 72°-V8 (Typ 104) wurde zu teuer, der letzte Versuch, einen Fiat V8 zu bauen, führte zu einem längeren Chassis und den Auftrag an Pinifarina eine Luxuskarosse darauf zu setzen. Aber auch dieser Plan scheiterte. Es blieb bei einem Prototyp - viel zu teuer. - Da es aber zu schade war, diesen Motor einfach zu vergessen, baute man rund um den schönen Motor ein passendes Fahrzeug: das GT-Coupe Fiat 8V.
Parallel zu diesen Entwicklungen hielt Giacosa an seiner Idee fest, einen Hubraum-größeren Motor vom 1400er Motor abzuleiten, dessen erste Varianten ohnehin schon 1600 und 1750 ccm Hubraum hatten. Durch eine weitere Verlängerung des Hubs wurden 1,9 ltr Hubraum erreicht (Typ 105). Dieser einfache und billige Motor (es konnten die gleichen Werkzeuge wie für den Motor 101 verwendet werden) wurde zunächst der Antrieb für den 1951 vorgestellten Geländewagen Campagnola (Typ 1101).
Aufgrund der geschilderten Probleme mit "schönen" Motoren wurde daher schließlich von der Direktion beschlossen, diesen Motor auch in den "großen Fiat" zu übernehmen. Nach Bewältigung der Schwingungsprobleme des langhubigen 4-Zylinders durch Verwendung einer hydraulischen Kupplung wurde 1952 der Fiat 1900 vorgestellt.
Fiat 1900 Limousine -1952 - 60 PS 135 km/h
mehr Bilder und Daten :
der schmale V8, der modifiziert im Sportwagen 8V eingebaut wurde
Motor Typ 105
1,9 ltr Motor für Campagnola
hydraulische Kupplung gegen Schwingungen brachte auch hohen Fahrkomfort
Als Krönung wurde der 1900er Limousine noch
ein Coupe zur Seite gestellt, der Fiat
1900 Gran Luce. (Im Export auch "Grand Vue" oder "Grand
Light")
Es war der Beginn einer Tradition, jedem "großen"
Fiat auch ein Coupe zur seite zu stellen, die bis in die Siebziger
Jahre (Fiat 130 Coupe) anhielt. Danach gab es noch zwei bei Lancia
gebaute "große Fiat", die als Coupe angeboten wurden
(Gamma, Kappa).
1900 Granluce / Grand Vue - 1952
in der ersten Ausführung mit geteilter Heckscheibe
Es war eine gute Idee, das schöne Fiat 1400 Kabriolet auch als Fiat 1900 Kabrio anzubieten, aber es blieb bei wenigen Exemplaren für die Polizei.
Fiat 1900 Kabrio
nur für die Polizei
siehe auch :
Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit wurde für die Campagnola und für den Fiat 615 (der anfangs einen gedrosselten 1400er Motor hatte) aus dem 1900er Motor ein Diesel-Motor entwickelt.
Fiat 615 N
mit 1,9 ltr Diesel-Motor ab 1952
Dieser Motor wurde auch in den Pkw eingebaut und 1953 vorgestellt:
Fiat 1400 Diesel
Der 1,9 ltr. Dieselmotor blieb bis 1976 in Serie. (bis 1973 im Campagnola I und 1974 bis 1976 noch im Lieferwagen Typ 242 mit zuletzt 2,175 lt und 61,5 PS)
Quellen: Bilder, Werbungen, Prospekte aus meiner Sammlung und .