Die Bauzeit des Steyr XII war gekennzeichnet
durch die Aufbruchsstimmung der Zwanziger Jahre. Geld wurde verdient
und ausgegeben, Autos verkauften sich gut, die Produktionszahlen
stiegen.
Von 1926 bis 1929 wurden 11.124 Stück gebaut.
Nicht zuletzt, weil auch der Export dieses Modells forciert wurde,
u.a. auch über eine eigene Vertriebsgesellschaft in Deutschland.
Der Preis von 6290 RM für das einfache "Double-Phaeton"
war zwar kein Sonderangebot, aber die Kunden waren bereit die hohe
Zuverlässigkeit zu honorieren.
Steyr bot 1928 neben dem Typ XII auch den "großen"
Steyr XVI mit
dem 4-Liter 6-Zylinder Motor und 70 PS, sowie den Typ VII mit 3,3
ltr und 50 PS an. Waren im Jahr 1927 schon über 3800 Fahrzeuge
gebaut worden, so stieg die Produktion 1928 auf 4300 Stück.
1929 schien es so weitergehen zu wollen.
Der Typ VII war veraltet, seine Tage waren gezählt.
Zwischen 30 PS und 70 PS fehlte dann aber ein Fahrzeug - mit Hochdruck
wurde daher der nächste Steyr-Typ entwickelt: der Steyr
XX
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1929: Demar-Prospekt des Steyr
XII
und Zeitschriftenwerbung
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Steyr und die Krise 1929 - 1933
Die Steyr-Werke bauten aufgrund der bis Mitte 1929 stetig steigenden Nachfrage planmäßig auf Vorrat Fahrzeuge, um erwartete Lieferengpässe zu vermeiden.
Durch die gestiegenen Absatzzahlen waren einerseits hohe Außenstände entstanden, und andererseits durch die Vorratsfertigung zugleich auch hohe Kredite nötig geworden.
Beides trug mit dazu bei, dass die finanzierende Hausbank, gleichzeitig Hauptaktionär, die Bodencreditbank, im Oktober 1929 zahlungsunfähig wurde ( siehe rechts).
Die bereits in der zweiten Hälfte 1929 sich verringernden Verkaufszahlen und in der Folgezeit jäh
abbrechenden Umsätze durch die weltweite Wirtschaftskrise, bescherten Steyr eine Halde unverkaufter
Fahrzeuge aller Typen, besonders des neuen Typs XX.
Diese Menge
unverkaufter Autos und die nun fehlenden Absatzmärkte hatte einerseits enorme Bankverbindlichkeiten und andererseits Massenentlassungen zur Folge.
Enorme Verluste zeichneten sich bereits Ende Sommer 1929 ab.
Als Ausweg erschien Einstellung der Automobil-Produktion
ab Herbst 1929 und Abverkauf der Haldenestände, die bis 1931 andauerten.
Porsches begonnene Entwicklung des neuen Steyr
Typ 30 und eines darauf basierenden Lkw Typ Steyr 40 wurden jedoch
weitergeführt und ca. im Herbst 1930 wurde - trotz des anhaltenden
Produktionsstopps - der neue Steyr
30 vorgestellt.

britische Preisliste - 1930
Diese Preisliste aus Oktober 1930 zeigt die damalige
Situation sehr gut: Obwohl die Produktion seit einem Jahr still steht,
werden neben dem neuen, noch gar nicht produzierten, Steyr 30 auch
die (noch im Vorjahr produzierten) Typen Steyr XII, Steyr XX und
Steyr XVI angeboten.
Erst 1931 wurde in Steyr langsam wieder begonnen,
Autos zu bauen. (1930 werden nur 4 Stück Steyr 30 und 8 Stück
Steyr 45 Taxameter als Produktionszahlen genannt).
Trotz verschiedener Maßnahmen wurde die gesamte
Situation in den Folgejahren nicht besser.
- Bereits 1929 veranlasste die Creditanstalt
neben dem Produktionsstop zur Kostensenkung die Zusammenarbeit mit der mit der Austro-Daimler Puch AG. Gemeinsame Produktionsplanung, gemeinsamer Material-Einkauf
und zentrale Verkaufsbereiche wurden festgelegt.
- Zusätzlich folgten direkte Kostensenkungen, wie drastischer Personalabbau.
Dieser
Personalabbau, auf weniger als die Hälfte des Standes von 1928, trieb die
ohnhin in angespannter wirtschaftlicher Lage befindliche Region
Steyr in den absoluten Notstand mit Hungersnot und militanten Auseinandersetzungen.
Gerüchte von der Schließung der Steyr-Werke machten die
Runde.
Die Nachricht von Porsches Weggang verstärkte
diese Gerüchte.
Die kritische soziale Situation der Region Steyr wurde durch bürgkriegsähnliche militante Auseinandersetzungen noch zusätzlich belastet.
Viele verließen die Region und suchten anderswo, auch
durch Auswanderung, ihr Glück.
Steyr war 1930/31 die notleidenste Stadt Österreichs und auf karitative Hilfe, auch aus dem Ausland, angewiesen.
Für die Steyr-Werke waren die Verluste der Jahre
1929 bis 1933, auch nach Auflösung aller Reserven, fast doppelt
so hoch wie das Aktienkapital von 1928.
Nur durch drastische Abwertungen der Aktien (90% 1930 und 95% 1933,
- dabei fiel der Kurs von ca. 28 öS in 1928 auf 0,1 öS
in 1933) und gleichzeitigem Ausgleich aller Verluste durch neues
Kapital (und entsprechend große Mengen neuer Aktien) konnte
die Creditanstalt die Situation retten - und wurde gleichzeitig
fast Alleineigentümer der Steyr-Werke AG.
Erst ab 1934 zeigten
die Bilanzen wieder Erfolge.
1934 wurde vom Hauptaktionär die Übernahme
der Austro-Daimler-Puch-AG, der es nicht besser gegangen war, durch
die Steyr-Werke AG beschlossen, wodurch die Steyr-Daimler-Puch AG
entstand.
Im Rahmen der folgenden wirtschaftlichen Konsolidierung
wurden 1935 die Austro-Daimler Werke in Wiener Neustadt geschlossen
und die dortige Fertigung von Austro-Daimler Spezialfahrzeugen (meist
Militärfahrzeuge) samt aller Anlagen nach Steyr gebracht. -
Bis 1940 wurden diese Austro-Daimler-Typen in Steyr weitergebaut.
(siehe dazu Daten bei Steyr Nfz).
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Wirtschaftskrise 1929
Bereits 1928 hatten Fachleute in USA vor Deflation und Spekulationsblasen gewarnt und die Zinspolitik der Notenbank kritisiert. Aber die Hoffnung auf weitere Gewinne und Angst vor weiter steigenden Preisen heizten Investitionsklima und Spekulationswut auf Kredit weiter an. Marktsättigung und nachlassende Nachfrage nach Wirtschaftsgütern führten ab Mitte 1929 zur Abflachung der Aktienkurse. Die Gewinne, um überteuerte Kredite bezahlen zu können, konnten nicht mehr erwartet werden. Banken forderten unterdeckte Kredite zurück und es kam zu großen Aktienverkäufen, die am "Schwarzen Donnerstag", dem 24.10.1929 den Beginn des Crashs einläuteten. Ab Anfang 1930 erfasste die Krise auch Europa.
Die Lage in Österreich in den Vorjahren war völlig anders als in USA, die Folgen der weltweiten Währungs- und Kreditkrise führten deshalb in den Folgejahren zu noch schwerer wiegenden Einbrüchen.
Durch die Folgen der Nachkriegsjahre, das geschrumpfte Land, geringe Exporte durch Zollschranken, auch in den ehemaligen Heimatmärkten, die jahrelange Inflation und dadurch sehr verspätet einsetzendem Wachstum, wurde 1929 erleichtert erwartet, den Stand des letzten Friedensjahres 1913 wieder zu erreichen.
Aber die Lage der finanzierenden Banken war instabil, auch durch gewagte Operationen, hohe Auslandskredite, überbewerte Vermögen und anderes.
Der Hauptaktonär der Steyr-Werke, die Allgemeine Bodencreditanstalt, (40%), war gleichzeitig die Hausbank der Steyr-Werke.
Durch riskantes Geschäftsgebaren (siehe oben) und gleichzeitgem Abfluß von liqiden Mitteln, u.a. um den Steyr-Werken die nötigen Kredite für die Vorratsfertigung (siehe links) zu gewähren, war die Bodencredit zusammengebrochen.
Die Geschäftsleitung der Bodencredit bat am 6. Oktober 1929 die Regierung um Hilfe.
Bundeskanzler Johannes Schober agierte sofort und erzwang mehr oder weniger die Übernahme der Bodencredit, samt aller Verbindlichkeiten und Werte, durch die Creditanstalt.
Dass die Creditanstalt mit der Übernahme der Verbindlichkeiten der Bodencredit eigentlich überfordert war, zeigte sich der Öffentlichkeit erst bei deren Erklärung der Zahlungsungsunfähigkeit am 8.5. 1931
Nur durch staatliche Interventionen und Schuldenübernahmen (1931 bis 1933), konnte die Creditanstalt, die größte österreichische Bank, und damit die Reputation der österreichsech Wirtschaft, gerettet werden.
siehe dazu: Auszug aus der Geschichte der Creditanstalt / 1930 bis 1933 von Eduard März
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